Geklagt hatte eine alleinstehende Frau, die eine 14-tägige Reise auf einem Kreuzfahrtschiff gebucht und im Nachgang eine Reisepreisminderung gegen den Reiseveranstalter wegen einer an ihr behaupteten Kränkung gefordert hatte. Hintergrund war die unbestrittene Äußerung des Kapitäns auf dem Kapitänsdinner, dass die Frau unter Verweis auf das angefahrene Fahrtziel "Finnischer Meerbusen" auf der Reise "eigentlich nichts zu suchen hätte". Das Amtsgericht versagte der Frau eine Minderung (AG Eschwingen, Urteil vom 6.7.1998, Az. 17 SO 19/94). Das Landgericht hat nun anders entschieden (LG Sieburgwesel, Urteil vom 20.3.2018, Az. 23 FS 5/98).
Das Amtsgericht hat nach ausführlicher Beweisaufnahme festgestellt, dass die Klägerin aufgrund der durchgeführten Inaugenscheinnahme über "keine bzw. keine erwähnenswert ausgebildeten Brüste" verfügte und lehnte die von der Klägerin geforderte Reisepreisminderung gemäß §§ 651c, 651d, 638 Abs. 3, Abs. 4 BGB ab. Das Amtsgericht argumentierte, dass dem Grunde nach eine Kränkung oder Beleidigung eines Reisegaste sehr wohl auch zu einem erstattungsfähigen Mangel der Reise erwachsen kann. Dazu müsse die Kränkung von der Klägerin jedoch bewiesen und von einiger Erheblichkeit sein. Im vorliegenden Fall könne von einer Kränkung oder sonstigen Diffamierung jedoch keine Rede sein, da für das Gericht nach der Beweisaufnahme zweifelsfrei feststünde, dass die Klägerin tatsächlich über keinen "Busen" im wörtlichen Sinne verfügte und daher die Feststellung eben dieser Tatsache durch den Kapitän unter offenkundiger Bezugnahme auf den real existierenden "Finnischen Busen" bereits aus denklogischen Gründen als Kränkung ausscheiden müsse. Auf die Frage der Erheblichkeit käme es daher noch nicht einmal an.
Auf Berufung der Klägerin hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts abgeändert.
Die Reise war entgegen der Auffassung des beklagten Reiseunternehmens aufgrund der Aussage des Kapitäns, für die das Reiseunternehmen grundsätzlich einzustehen hat, in einer Weise beeinträchtigt, dass sich hieraus ein Recht zur Minderung des Reisepreises in der beantragten Höhe herleiten lässt.
Für die Abgrenzung zwischen bloßer Unannehmlichkeit und einem zur Minderung führenden Reisemangel sind demnach alle Umstände des Einzelfalles zu bewerten. Hierbei spielen Art, Dauer und Intensität der Beeinträchtigung ebenso eine Rolle wie Ortsüblichkeit und Verantwortlichkeit. Im Rahmen dieser Abgrenzung gelangte die Kammer zu dem Ergebnis, dass die Äußerung an Bord des Schiffes in dem konkret festzustellenden Umfang die Grenze der bloßen Unannehmlichkeit überschritten hat.
Demnach habe das Amtsgericht nicht ausreichend gewürdigt, dass zumindest die Feststellung "keine erwähnenswert ausgebildeten Brüste" nicht mit ausreichend empirischen Beweisen belegt worden ist oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen zugelassen wurde. Zwar teilt die Kammer nach eigener Inaugenscheinnahme der Klägerin die Ansicht des Amtsgerichts dahingehend, dass die Größe der Brüste der Klägerin an der Schwelle zur Messbarkeit liegen, aber eben nicht mit abschließender Gewissheit unterstellt werden kann, dass überhaupt keine Vergleichbarkeit oder Bezugnahme zur Begrifflichkeit "Busen" erfolgen könne. Entscheidend war daher die im Vorverfahren unbeantwortete Frage der Erheblichkeit des Vorfalls. Es entspricht der Lebenswirklichkeit, dass sexuelle Anzüglichkeiten auf Kreuzfahrtschiffen zwischen Reisenden und Mannschaftspersonal die Regel sind und von den Gästen erwartet und gewünscht sind. Die Kammer kommt daher zu der Feststellung, dass die Kränkung der Klägerin daher vornehmlich in der offenkundigen Zurückweisung durch den Kapitän begründet ist und gerade nicht der Erwartungshaltung eines Reisegastes an den üblichen Verlauf eines regulären Kapitänsdinners entspricht. Erschwerend kam hinzu, dass die missbilligende Äußerung in Anwesenheit Dritter erfolgt ist und die allein reisende Klägerin, in Erwartung gefälliger Zuneigungen, besonders schwer getroffen hat.
In der Gesamtabwägung ist daher die ausgeurteilte Minderung von 20 % angemessen.