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Gute Vorsätze

Donnerstag, 28. Dezember 2017

Ich bin eine Preiserhöhung

Donnerstag, 21. Dezember 2017


Warten auf den Gerichtsvollzieher

Dienstag, 19. Dezember 2017


Man könnte meinen, dass ich mittlerweile Routine in diesen Dingen habe. Habe ich aber nicht. Es ist immer wieder aufregend. Nicht die schöne, belebende Art von Aufregung. Es ist diese ungewisse Aufregung, mit Druck auf dem Magen, Übelkeit. Vielleicht so wie vor einer Prüfung. Ja, genau so fühlt es sich an. Wie Prüfungsangst. Da kenne ich mich aus. Denn ich habe viele Prüfungen in meinem Leben abgelegt.
Es ist jetzt kurz nach 10. Ab 10 wollte er kommen. Aber bis wann? Ich ärgere mich jetzt, denn ich habe das Schreiben mit der Ankündigung weggeschmissen. Besser gesagt verbrannt. Im Kamin. Denn es ist kalt draußen. Es ist der 19.12.2017 und der Karton mit dem Weihnachtsbaum steht schon im Flur.  Ich habe nur den Briefumschlag behalten in dem die Ankündigung drin steckte, denn auf dem Umschlag stand das Datum drauf, handschriftlich und hängt am Kühlschrank. Das hat der Gerichtsvollzieher drauf geschrieben. Vielleicht weiß er das die Schuldner (mein Gott, was für ein Wort) die Schreiben immer wegschmeißen, aber den Umschlag aufheben. Na ja, das blöde ist jetzt eben nur, dass ich nicht weiß wie lange ich warten soll. Hätte ich doch schon damals aufgemacht, als es geklingelt hat. Danach habe ich nämlich das Schreiben im Briefkasten gefunden und es war auch keine Briefmarke drauf. Aber damals (war es vor einer Woche?) wollte ich nicht aufmachen. Ich lag mit meiner Freundin auf der Couch, wir hatten beide frei, haben uns den Tag davor Videos ausgeliehen, die wir jetzt anschauten. Wir hatten unsere „Bequem-Sachen“ an, also Schlapperhose, ausrangierte T-Shirts, ich glaube in meinen habe ich sogar die Nacht vorher geschlafen, neben uns stand eine große Chipsschale, ich trank Bier, meine Freundin Wein, wie man das eben so macht, wenn beide unter der Woche frei haben und so lässt man doch niemand in Wohnung. Eigentlich machen wir die Tür nie auf, wenn es klingelt, es sei denn, wir wissen das jemand zu Besuch kommt oder wir was bei Amazon bestellt haben und wissen, dass da was kommt. Also lagen wir da auf der Couch, das Video angehalten, (sagt man eigentlich noch Video? Denn es war ja eine DVD, eine Blu-Ray, um genau zu sein) waren ganz still, ich hatte da so eine Ahnung, flüsterte meiner Freundin zu, „bestimmt der Gerichtsvollzieher“, denn sonst klingelt doch keiner ohne Anmeldung bei uns, nein, stimmt nicht, die Polizei war auch schon 2mal da, jedes mal weil ich geblitzt wurde und das Auto auf meine Freundin zugelassen ist und sie nie auf den Fragebogen geantwortet hat, aber nach dem 10-12 mal kam dann einer vorbei und weil ich zuhause war und der Polizist schon oben war und richtig laut an die Tür gedonnert hat und es hätte ja auch was sein können, was Schlimmes und deshalb haben wir auch aufgemacht und dann hat er mich gesehen und mit dem Blitzerfoto verglichen und dann habe ich auch gleich gestanden und unterschrieben, das ich es war, der gefahren ist und seit dem, kamen die dann auch ein zweites Mal, da hat es dann auch nur ein oder zwei Blitzerfotos gebraucht und es war auch wieder der selbe Polizist, ein älterer, freundlicher Mann, den konnte man dann auch gar nicht böse sein oder schwindeln. Einmal haben wir ihn auf der Straße getroffen, da hat er sogar freundlich gegrüßt.
Fast 11, also dreiviertel 11. Das sage ich so und ich habe gelernt, dass man daran die Leute aus dem Osten erkennt. Kann ich deshalb nicht mit Geld umgehen? Es ist wohl eher vererbt, denn meine Eltern haben auch eine Pleite hingelegt, wie ich, nur ein paar Jahre früher und leben jetzt ein glückliches Leben in einer kleinen Wohnung in der Nähe der Ostsee. Da klingelt es auch ab und zu mal. Ach so, wo wir schon dabei sind, geschieden bin ich auch und habe 2 Töchter, mein Bruder soll wohl auch pleite sein, auch geschieden, aber nur ein Kind, auch eine Tochter. Meine Kinder leben bei der Mutter in einer anderen Stadt, aus der ich, als alles vorbei war, weggezogen bin. Jedes zweite Wochenende kommen sie zu Besuch. Da freue ich mich immer sehr drauf. Heute früh hat mir meine Ex-Frau eine Mail geschickt und gefragt ob ich mal über den Notarvertrag schauen könnte, ob da alles in Ordnung sei, denn sie, also sie und ihr neuer Freund, die übrigens mittlerweile auch ein eigenes Kind haben, wollen ein Haus bauen und in der Mail ging es um den Kaufvertrag vom Grundstück. Die haben Sorgen.
Ein bissen habe ich heute natürlich Angst davor, dass mir der Gerichtsvollzieher etwas wegnimmt, was mir wichtig ist oder schlimmer noch, meiner Freundin gehört, die mich die ganze Zeit so toll unterstützt und wir beide richtig viel durchgemacht haben deswegen. Aber eigentlich ist hier nichts Wertvolles und bisher hat noch kein Gerichtsvollzieher Ärger gemacht. Aber der, der heute kommt, kenne ich nicht, der ist auch vom Zoll, es geht um alte Krankenkassenbeiträge aus der Zeit meiner Selbstständigkeit. Dabei pfänden die doch schon mein Konto und Gehalt, erfolglos, denn erstens verdiene ich nicht viel, denn ich arbeite jetzt als Wachmann und wehe es lacht jetzt jemand drüber, aber da habe ich nach dem ganzen Ärger meine Ruhe, Ruhe die mir guttut, denn ich arbeite auch nur in der Nacht und eigentlich immer alleine. Zweitens pfänden auch andere mein Konto und da stehen sie eh nur an der zweiten oder dritten Stelle, so genau weiß ich das jetzt nicht, jedenfalls haben die noch keinen Cent gesehen. Dem Jugendamt schulde ich auch Geld, weil ich kurz nach der Pleite kein Arbeitslosengeld bekommen habe und ein paar Monate lang keinen Unterhalt zahlen konnte. Die haben gerichtlich meine Pfändungsgrenze auf 940,00 € festgesetzt plus das Geld, was ich an Unterhalt zahle. Schöne Scheiße ist das, aber jetzt kann man vielleicht auch besser verstehen, warum ich als Wachmann arbeite und mir keine Beine mehr ausreiße. Warum ich nicht wieder in meinem alten Beruf arbeite und meine Schulden abzahle? Ja, habe ich drüber nachgedacht. Aber: Will ich nicht. Außerdem nimmt mich auch keiner mehr bei dieser Pfändungsgrenze oder würden sie jemanden in einer Position mit Verantwortung und beratender Funktion einstellen, der weniger als die Putzfrau verdient? Mein Gott, ich könnte mir nicht mal nen anständigen Anzug kaufen oder Benzingeld vorstrecken, von dem was uns zum Leben bleibt.
Pinkeln muss ich mal. Aber wenn ich jetzt gehe, klingelt es bestimmt. Ist zumindest auf Arbeit immer so. Bin ich mal kurz um die Ecke, passiert was. Ist aber auch bei anderen Wachleuten so, scheint eine richtige Berufskrankheit zu sein.
Und fett bin ich geworden. Passe in keine Klamotten mehr. Die Anzüge von früher, kann ich alle wegschmeißen. Hängen aber noch im Schrank. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich passe ja nicht mal mehr in die Klamotten von der Sicherheitsfirma, die ich zu Beginn erhalten habe. So ein ganz schrecklicher, dunkelblauer Polyesterdingsbumskram, hatte den nur einmal an, da fing gleich alles an zu jucken, sogar das weiße Hemd (was kann man da eigentlich falsch machen?) hat an der Haut gescheuert. Habe dann auf Arbeit gefragt, also bei dem Auftraggeber, nicht der Sicherheitsfirma, ob ich meine Privatklammmotten tragen darf, durfte ich und mich auch ganz glücklich macht, denn mal ganz im Ernst, mit diesen Sicherheitssachen sieht man doch arg albern aus und größer wird man darin auch nicht. Nein, es sieht eher aus wie aufgetragenes Versagen.
Jetzt war ich doch auf Klo und es ist nichts passiert. Aber ich war ja auch nicht auf Arbeit. Habe ich schon erzählt, dass ich Weihnachtsmusik im Hintergrund laufen habe? Soll der Gerichtsvollzieher nämlich noch mal richtig auf die Nase gerieben bekommen, zu welcher Zeit er hier aufschlägt. Hoffentlich nimmt er die Anlage nicht mit. Das wäre ganz schlimm für uns, denn wir lieben das Teil und es ist eins von den Geräten, die man per App in allen Räumen steuern kann. Aber sie ist auf Kredit gekauft, da dürfte eigentlich nichts passieren. Gehört uns ja nicht. Oder? Die La Pavoni steht noch im Wohnzimmer, die war mal richtig teuer und macht auch optisch was her. Die Dichtungen müssten mal gewechselt werden, deshalb zischt und spritzt es, wenn man die mal verwenden will. Die Reparatur und Wartung kostet aber über 100 Euro. Da habe ich mich schon informiert. Deshalb benutze ich derzeit nur eine kleine und einfache Espressokanne für den Herd. Schmeckt auch. Mein Weihnachtsgeld von der Verwandtschaft ist auch schon verplant. Lederstiefel von Sendra. In antik-braun. Schwarze habe ich schon und ich liebe diese Teile (auch wenn meine Freundin sie etwas albern findet, sind halt richtige Cowboystiefel) und die Qualität ist ganz toll. Dann hätte ich die in schwarz und braun, also für jedes Outfit die passenden Schuhe. Irgendwann will ich auch noch die Halbschuhe von Sendra, auch in schwarz und braun, aber das ist noch Zukunftsmusik. Oder mindestens 3 Weihnachten entfernt.
Jetzt ist mir die Katze auf den Schoß gesprungen und schon dreiviertel 12. Wir haben 3 Katzen von denen jetzt 2 schwanger sind, zumindest sind wir uns bei einer ganz sicher. Haben uns vor einigen Monaten nämlich noch einen kleinen Kater zugelegt, der, als er alt genug dafür war, sich beide Mädels, nacheinander, rangenommen hat. Das ist auch ein ganz Süßer. So einer mit Schlappohren. Die Mädels sowieso, auch wenn eine ziemlich schüchtern ist.
Eigentlich könnte ich ja auch damit anfangen den Weihnachtsbaum aufzubauen, aber das mache ich lieber mit meiner Freundin gemeinsam. Wenn es um handwerkliche Dinge geht, bin ich nicht der geschickteste und dann sieht er vielleicht blöd aus oder ist ganz schief. Und auch der Gerichtsvollzieher würde mit den Augen rollen.
Wo bleibt der eigentlich? Ich will es endlich hinter mir haben. Ein Gerichtsvollzieher hat mal auf meine Brockhaus-Bibliothek geschaut, so als wollte er die mitnehmen, aber dann ist ihm wohl auch eingefallen, dass das keiner mehr nutzt oder sich nur noch schlecht zu Geld machen lässt. Habe die ja auch bei eBay für nen Apel und nen Ei erstanden. Und dann die Schlepperei. Bei mir stehen die ja auch nur im Regal, aber früher im Büro, fand ich die schneidig und ein schönes Bücherregal mit herrlich gebundenen Bücher, ist für mich, immer noch interessanter als ein langweiliges Bild an der Wand. Sonst habe ich nichts mehr. 
Es klingelt!


Berliner Kellner aus Kreuzberger Szene Café gesteht: "Ja, ich bin der nervige »Amazon Kunde« der US-Serien NUR im Originalton sehen will!"

Montag, 18. Dezember 2017


Tod im Morgengrauen

Sonntag, 17. Dezember 2017


Junger Mann warf vor einem Jahr eine Bitcoin Münze in Brunnen und wünschte sich Reichtum - Heute wäre er Millionär

Samstag, 9. Dezember 2017

Wir treffen Hassan H. (17) in einer schäbigen Sozialwohnung, die massiven Holzdielen knarzen, im Kamin beginnt das spärliche Feuer zu versiegen. Hassan H. lebt von staatlicher Unterstützung, "Taschengeld", wie er es selber nennt, der 3-Tage-Bart wirkt ungepflegt, auf dem Couchtisch liegen neben leeren Bierflaschen aus braunem Plastik und polnischen Zigaretten auch Werkzeuge zur Konsumierung harter Drogen. Hassan ist ein gebrochener Mann. Denn Hassan hat einen Fehler begangen. Als er vor 2 Jahren den Gräueln des tunesischen Bürgerkrieges entkam, Frau und 4 Kinder zurücklassen musste, suchte er sein Glück in Deutschland. Hassan verwirklichte seine Geschäftsidee und begann im sog. "Darknet" den Handel mit gebrauchten Elektroartikeln und starken Beruhigungsmitteln für Frauen, die sich nur langsam verliebten und vornehmlich von Männern ohne Zeit gekauft wurden. "Ich verdiente nicht viel, aber mit den Zuschüssen vom Amt kam ich über die Runden", erinnert sich der kräftige junge Mann. "Irgendwann liefen die Geschäfte immer schlechter, viele meiner Kunden konnten nicht zahlen oder waren nicht mehr zu erreichen, ich musste richtig Druck machen. Mein wichtigster Kunde überwies mir dann nach langem Hin und Her ungefragt einen sog. »Bitcoin«. Ich konnte damals überhaupt nichts damit anfangen und druckte mir den Bitcoin als Münze an meinem 3D-Drucker aus. Aber kein Geschäft wollte die Münze annehmen, obwohl sie so schön glänzte und richtig was hermachte. Ich hatte die Münze dann immer dabei, auch in meinem Urlaub in Rom. 

Triton-Brunnen auf der Piazza Barberini in Rom

Von meinem Hotel-Balkon konnte ich dann den Triton-Brunnen auf der Piazza Barberini sehen und mir schoss eine Idee durch den Kopf. Bei meinem vorangegangenen Urlaub in Paris habe ich gesehen, dass viele Touristen Geldstücke in bekannte Brunnen warfen und sich dabei etwas wünschten. Ich sehnte mich nach einer deutschen Frau, einen roten Ferrari und ein großes Haus. Also warf ich die Münze rückwärts über meine Schulter in den Brunnen. Sie war ja aus Pappe und löste sich sofort auf…" Hassan schießen Tränen in die Augen, sein Blick verirrt sich im Kaminfeuer. "Vor einigen Tagen rief mich dann der ehemalige Geschäftspartner an. Ob ich den Bitcoin noch hätte. Der Kurs sei durch die Decke gegangen und ich jetzt doch auch Millionär sei. Er selbst habe früher etliche Bitcoins besessen, mittlerweile alles verkauft und steinreich. Erst kürzlich habe er sich das Gemälde »Salvator Mundi« von Leonardo da Vinci in New York beim Auktionshaus Christie’s für rund 450 Millionen Dollar ersteigert und sich dabei als saudiarabischer Prinz ausgegeben. »Peanuts« seien das für ihn gewesen und das Bild hängt jetzt bei ihm über dem Klo". 
Hassan winkt ab und zündet sich eine Zigarette an. Seine Hände zittern, erste graue Haare zeichnen sich an seinen kurz rasierten Schläfen ab. "Er müsse jetzt los", Hassan wirkt fahrig. Wir verabschieden uns, lassen etwas Geld und unsere Kontaktdaten da. "Falls er mal reden will." 
Später, während wir unser Interview-Equipment im Auto verstauen, sehen wir Hassan mit gesenktem Kopf in eine kleine Kneipe steuern. Draußen beginnt es zu schneien. Durch die milchigen Fenster sehen wir Hassan, wir er aus seiner Hose einige Münzen nestelt und vor einem Spielautomaten Platz nimmt. Er schaut die Münzen lange an. In dem bunt funkelndem Licht sehen wir ein Lächeln über sein Gesicht huschen.






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