![]() |
Washington am 26.4.2017 |
Washington. Ein Land steht still.
Ein Land ist geeint. Noch nie haben die Vereinigten Staaten durch alle
gesellschaftlichen Schichten hinweg so solidarisch gegen einen
Gesetzesvorschlag eines amtierenden Präsidenten mobilgemacht. Gemeint ist die
geplante Steuerreform von Donald Trump, die die Herabsenkung des Spitzensteuersatzes
auf 35 % sowie die Reduzierung der Unternehmenssteuer von derzeit 35 % auf 15 %
und darüber hinaus die Abschaffung der Erbschaftssteuer vorsieht. Den deutschen
Bundesbürgern dürften die Ideen von Donald Trump bekannt vorkommen, ist doch
vor mehreren Jahren der CDU-Politiker Friedrich Merz mit seinen Plänen zur
Vereinfachung der Steuergesetze und Absenkung der Steuersätze epochal gescheitert
(Bierdeckel-Steuer). Wir haben uns auf den Straßen von Washington auf einen der
zahlreichen Demonstrationen umgehört und Meinungen der betroffenen Bürger
eingeholt.
Statt seriöser und über Jahrzehnte gewachsener Steuergesetze will US-Präsident Donald Trump eine radikale Simplifizierung der gesetzlichen Regelungen herbeiführen |
Joel Thomas Jackson (44):
Ich
halte überhaupt nichts von den geplanten Steuererleichterungen. Im Internet
habe ich mir durchgerechnet, wie viel mehr Netto ich monatlich zur Verfügung
hätte. Da kam ich auf 150 $. Als Vater von zwei Kindern weiß ich doch jetzt
schon, wie das Geld verwendet wird. Drogen und Alkohol. Nicht mit mir. Trump
ist für mich ein rassistisches Schwein, das erst zufrieden ist, wenn wir alle
verreckt sind.
Tiffany Meyer (28):
Als ich
gehört habe, dass Trump auch die Erbschaftssteuer abschaffen will, hat mich
nichts mehr zu Hause auf der Couch gehalten, ich musste auf die Straße und
meinen Dampf ablassen. Wo kommen wir denn da hin, dass jetzt jeder sein
Vermögen eins zu eins an seine Verwandtschaft weitergeben kann. Dann sind wir
doch nur noch ein Schritt von der Diktatur entfernt. Und wer in diesem Staat
überhaupt noch Kinder zeugt, hat von der Ernsthaftigkeit der Lage keinen
blassen Schimmer.
Walter MacGregor (33):
Ich frage
mich ganz ehrlich, wer das alles bezahlen soll. Bei der geplanten Absenkung der
Steuern profitieren doch zuerst die Reichen. Bei denen macht das Millionen
weniger gezahlte Steuern aus. Die Armen und Geringverdiener, die mit schlechter
Ausbildung oder ohne Schulabschluss, werden nur mit ein paar zusätzlichen
Dollar abgespeist. Es wäre doch viel gerechter, wenn die Reichen, ihre
ersparten Steuern, auf die Armen verteilen müssten. Denn dann müssten die Ärmsten nicht mehr arbeiten gehen, und das System wäre fair.
Hanna Goldberg (51):
Ich behaupte
mich zu den privilegierten Bürgern Amerikas zu zählen. Unser Familienbetrieb
hat im letzten Jahr einen Reingewinn von 1 Million $ abgeworfen. Würde der
Präsident seine Ideen zu einer Steuersenkung durchsetzen, hätte der Gewinn nach
Steuern ca. 1,2 Millionen $ ausgemacht. Wo ist da der Sinn? Wir haben doch
schon alles.