Worum geht es genau?
Versachlicht
und vereinfacht man den Streit, lassen sich 2 grundsätzliche Ansichten
(Systeme) herausarbeiten, die folgende Positionen vertreten:
Das System: „Bitte helft
uns!“
Vertreter:
Frauenbild:
Frauen
sind real existierenden Nachteilen ausgesetzt, die entweder bereits angeboren
oder erst im Alter, beispielsweise nach der Geburt von Kindern und durch die
Doppelbelastung von Beruf und Familie entstehen.
Kritik:
Männer
müssen grundsätzlich weniger tun, um den gleichen Status einer Frau zu
erreichen, Frauen müssen grundsätzlich mehr leisten, um den Status von Männern
zu erreichen.
Forderung:
Kümmert
euch mehr um die Frauen, denn realistisch betrachtet, schaffen sie es nicht
alleine. Daher: Einführung einer Frauenquote
Das System: „Selbst ist
die Frau!“
Vertreter:
Frauenbild:
Frauen
sind gleichberechtigte, selbstbestimmte und eigenverantwortlich handelnde
Individuen.
Kritik:
Frauen
erfinden und instrumentalisieren ein schwaches Frauenbild, um persönliche
Unzugänglichkeiten, wie fehlendes Selbstbewusstsein oder Ehrgeiz im Beruf, zu
kompensieren.
Forderung:
Kümmert
euch mehr um euch selbst, denn Frauen können sich selbst helfen.
Wer hat recht? - Das
große Zwillings-Experiment bringt die Entscheidung!
Zur
Klärung dieser Frage haben wir vorausschauend bereits vor einem Jahr ein großes
Experiment gestartet und es eineiigen Zwillingsschwestern mit identischen
Startoptionen (Mandy und Sandy, 33 Jahre, verheiratet, 2 Kinder,
Hochschulabschluss) ermöglicht, jeweils ein Jahr in idealen Bedingungen in den
gesellschaftlichen Systemen zu leben, die derzeit für ein gerechtes Frauenbild
gefordert werden. Das sind die Ergebnisse:
Das System „Bitte helft
uns!“
Raupenschlag:
Mandy,
sie haben jetzt ein Jahr in einer Firma gearbeitet, in der die Frauenquote
(50:50) für Führungspositionen eingeführt wurde, ihre Firma bietet eine Ganztagskinderbetreuung
an, ihr Mann beteiligt sich an der Haushaltsführung zu gleichen Teilen. Was hat
sich für sie geändert?
Mandy:
(betrübt)
Nichts. Es ist sogar noch schlimmer geworden.
Raupenschlag:
Erklären
sie uns das?
Mandy:
(schluchzt)
In der Chefetage bin ich immer noch nicht und ich verdiene weniger als zuvor. Und
mein Mann hat mich verlassen.
Raupenschlag:
Was
ist passiert?
Mandy:
Es
ist richtig, dass die Führungspositionen in der Firma neu ausgeschrieben
wurden. Das Problem war nur, dass ich trotzdem die Stelle nicht bekommen habe.
Raupenschlag:
Wer
hat denn dann die Stelle bekommen?
Mandy:
(schaut
zum Boden) Eine andere Frau. (beginnt zu weinen)
Raupenschlag:
Nehmen
sie sich ruhig Zeit.
Mandy:
(gefasster)
In der Firma konnte sich jeder neu bewerben, also auch Externe. Und in den
durchgeführten Gruppendiskussionen durch das eingesetzte Assessment-Center haben
sich dann unter allen Bewerberinnen einige Frauen mal so richtig aufgespielt;
die wollten sofort die Gruppe führen, Ideen einbringen, Entscheidungen treffen.
Ich habe eigentlich nur mit offenem Mund da gesessen und zugeschaut, wie
sich einige der Frauen aufführen. Ich fand das schlimm. Erst recht, weil ich
dachte, ich habe die Stelle schon.
Raupenschlag:
Wie
ging es dann weiter?
Mandy:
(wieder
aufgelöst) Meine neue Chefin hat mir erstmal das Gehalt gekürzt. Sprach von
Rationalisierungen, Etatkürzungen usw. Hat mir vorgeworfen, dass ich eigentlich
nie was geleistet habe und den Job nur deshalb habe, weil ich dem Chef schöne
Augen gemacht habe. Dann gab es weniger Geld und noch mehr Arbeit. Und die Chefin treibt mich nur noch an, sagt Sachen wie: „Das müssen sie können!“; „Ihr
Hundeblick funktioniert bei mir nicht!“ usw. Mein alter Chef fehlt mir. Da gab es
zwar mal nen Klaps auf den Hintern, dafür konnte ich mir aber auch mal nen
Nachmittag freinehmen.
Raupenschlag:
Und Privat? Was ist da mit dem Ehemann schief gelaufen?
Mandy:
(wütend)
Eigentlich haben wir uns nur noch gestritten. Er hat mich gefragt, was ich denn
früher eigentlich die vielen Stunden zu Hause getrieben habe. Es stimmt schon, dass
er seine anteilige Hausarbeit schnell erledigt, so putzt er die Fenster in der
Hälfte der Zeit, auch mit dem Bad ist er schneller fertig. Klar habe ich früher
auch mal ne Pause gemacht, die Füße hochgelegt und "meine Serie" geschaut. Das
gibt es jetzt alles nicht mehr. Stattdessen muss ich mir vorhalten lassen, wie
langsam ich bin und Zeit vertrödele. Das hat sich dann natürlich auch auf die
Beziehung niedergeschlagen.
Raupenschlag:
Und
ihr Fazit zum Experiment?
Mandy:
(flehend)
Ich will mein Leben zurück!
Das System: „Selbst ist
die Frau!“
Sandy,
sie haben jetzt ein Jahr in einer Firma gearbeitet, in der sich nichts geändert
hat. Dafür hatten sie die Vorgabe selbstbewusster aufzutreten und sich die
Dinge einzufordern, die sie für berechtigt empfinden. Was hat sich für sie
geändert?
Sandy:
(strahlt)
Alles!
Raupenschlag:
Erklären
sie uns das bitte?
Sandy:
Ich
bin zwar immer noch nicht in der Chefetage gelandet, aber ehrlich gesagt, will
ich das auch nicht. Ich verdiene bedeutend mehr als vorher, arbeite weniger und
auch mit meinem Mann läuft es prima (zwinkert und streicht sich behutsam über
den Bauch).
Raupenschlag:
Raus
damit, wie haben sie es angestellt?
Sandy:
Zunächst
einmal bin ich zu meinem Chef gegangen und habe ihm ganz klar erklärt, was ich
in der Firma leiste, dass ich mehr Geld brauche und in der Woche nur noch 35
Stunden arbeiten will. Das hat er auch eingesehen, er hat ja auch Kinder.
Raupenschlag:
Das
war so einfach?
Sandy:
(wird
rot) Na ja, okay, den Tag habe ich kein BH getragen.
Raupenschlag:
Und
hatten sie keine Ambitionen selbst auf dem Chefsessel zu sitzen?
Sandy:
Nein.
Das wäre mir zu stressig. Wissen sie, mein Chef bekommt vielleicht 40 % mehr
Gehalt als ich, arbeitet dafür aber auch doppelt so lange wie ich. Der sieht
seine Familie doch kaum noch und weiß nicht was er zuerst machen soll. Ich habe
jetzt viel mehr Zeit für mich, vor Kurzem habe ich mich in einem Malkurs
angemeldet. Das war schon immer mein Kindheitstraum. Ich habe sogar schon ein
Bild verkauft* (*Anmerkung der Redaktion: Das Bild hängt im Büro des
Chefs).
Raupenschlag:
Und
Privat? Sie strahlen ja richtig!
Sandy:
(überglücklich)
Es ist richtig. Wir erwarten unser drittes Kind (kramt ein Ultraschallbild aus
der Handtasche und zeigt es herum). Alles läuft perfekt zurzeit. Seitdem ich
meinem Mann auch mal klare Anweisungen gebe, zum Beispiel das er sich auch um
den Haushalt und Kinder kümmern soll, macht er es auch. Und wie sie sehen, hat
er seine Belohnungen bekommen (lacht und tätschelt sich vorsichtig den Bauch).
Raupenschlag:
Und
ihr Fazit zum Experiment?
Sandy:
(lacht
laut) Ich werde jetzt wohl erstmal meine Schwester trösten gehen.