Derzeit
steht die FIFA und deren Präsident Sepp Blatter wegen der Verhaftungen
ranghoher Funktionäre wegen Korruptionsvorwürfen bei der Vergabe von Turnieren
und Bestechungsgeldern in der öffentlichen Kritik. Durch die UEFA wird sogar ein
Boykott angedroht, eine Aufspaltung oder Neugründung einer konkurrierenden
globalen Fußballorganisation droht. Grund genug sich mit 2 Repräsentanten der
Zwergfußballstaaten, deren Mitgliedschaft und Stimmengewalt der Zankapfel mit den großen Verbänden ist,
auseinanderzusetzen und deren Sicht zum FIFA-Skandal wiederzugeben.
Montserrat:
Einwohner: 4.922; FIFA-Weltrangliste: 172
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Trainingsauftakt der Nationalmannschaft von Montserrat |
Herr
Ghhjwasymbambule, sie sind Häuptling, Medizinmann, Trainer der
Fußballnationalmannschaft und FIFA-Repräsentant ihrer Insel und des
dazugehörigen Verbandes. Was halten sie von der aktuell geführten Diskussion zu
den Korruptionsvorwürfen von FIFA-Funktionären.
Nix
Fernseher, nix Radio. Gut so.
Erklären
sie uns doch mal, wie ihr Kontakt mit der FIFA eigentlich aussieht.
Wenn
Mond 12 mal neu gekommen und Regen gegangen, kommt Fischerboot mit weißer Mann.
Hat Fischnetz mit bunte Bälle drin. Macht dann mit Apparat Foto mit Ball und
meine Söhne, wie wir schießen mit Fuß auf Ball. Ich mache dann Daumen mit Farbe
auf Papier, fertig.
Wissen
Sie, dass ihr Fußballverband hinsichtlich der Stimmenvergabe genauso mächtig
ist wie der DFB, der Verband des aktuellen Weltmeisters Deutschland?
Ah?!
Meinen Hitler? Guter Mann.
So
weit wir sehen können, ist das einzige „Fußballfeld“ auf der Insel, die
Hühnerwiese vor ihrer Hütte. Haben sie
jemals Entwicklungshilfe erhalten oder Geld für den Ausbau der Infrastruktur?
Warte.
(Geht in seine Hütte und kommt mit einer alten Bananenkiste zurück) Da. Schau.
(In der Kiste befinden sich ein Ronaldo-Trikot, ein Goleo-WM-Maskottchen, 3
Schlüsselanhänger mit FIFA-Logo, ein Dutzend Kugelschreiber, 2 Wimpel und eine
silberne, glänzende Trillerpfeife.) Sehr wertvoll. Mein Schatz.
Dschibuti:
Einwohner: 792.198; FIFA-Weltrangliste: 207
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Michael Asamoa, Präsident des Fußballverbandes von Dschibuti |
Herr
Asamoa, sie stammen für afrikanische Maßstäbe aus wohlhabenden
Verhältnissen, sie haben in London Jura und Politikwissenschaften studiert und
sind seit knapp 20 Jahren der Ansprechpartner der FIFA für ihr Land. Den Posten
haben sie von ihrem Vater de facto vererbt bekommen. In internationalen Medien
taucht ihr Name immer wieder als ein Begünstigter auf, der jährlich nicht
weiter definierte Zuwendungen in Höhe von 200.000,00 € erhält und für die
Stimmenvergabe zu diversen Weltmeisterschaften mit Beträgen von jeweils
100.000,00 € bezahlt worden ist. Haben sie ein eigentlich ein schlechtes Gewissen?
Nein.
Warum? Das System Sepp Blatter ist die größte und ehrlichste Demokratie der
Welt. Wo sonst sind alle Völker gleichberechtigt? Ist es nicht ein
unglaublicher Fortschritt, wenn wir jeden Menschen, unabhängig von Religion,
Kultur und Hautfarbe gleich behandeln? Die Europäer, ich meine die UEFA, die
führt sich derzeit auf wie zu schlimmsten Kolonialzeiten. Das
weiße Europa muss lernen, dass wahre Demokratie auch bedeutet, den Kleinen, Schwachen
und Armen eine Stimme zu geben. Das ist dank Sepp Blatter der Fall. Das Problem
ist doch, dass Europa groß und mächtig ist, aber bei den Abstimmungen innerhalb
der FIFA regelmäßig seine Interessen nicht vertreten kann. Die Welt ist aber
nicht nur Europa. Dafür haben die ihre UEFA und können Europameisterschaften
nach eigenen Vorstellungen vergeben und organisieren. Global gesehen, ist Europa aber
nur ein kleiner Teil der Welt.
Verstehen
sie uns jetzt bitte nicht falsch, aber wir glauben das Problem der Europäer
besteht eher darin, dass durch Sepp Blatter viele kleine Verbände durch nicht klar definierte Geldzuwendungen gekauft werden
und dadurch ein System aus Abhängigkeiten und Gefälligkeiten ensteht.
Das
ist richtig, aber auch in dieser Hinsicht sehe ich kein Problem.
Was denken sie denn, wie viel Gehalt ich von meinem eigenen afrikanischen Fußballverband
erhalte? Nichts. Das ist ein Ehrenamt. In Afrika geht man davon aus oder
erwartet sogar, dass wir für unser Engagement einen Gegenwert von Dritten erhalten.
Und selbstverständlich geben wir von diesen Geldzahlungen auch „nach unten“
etwas weiter. Schauen sie. Von den 200.000,00 €, die sie
vorhin angesprochen haben, bleiben am Ende vielleicht noch 70-80.000,00 € bei
mir hängen. Und ja, ich lebe von diesem Geld wie ein König, genauso wie mein
Vater vorher auch schon. Dafür arbeitete ich aber auch. Bleibt das Geld weg,
macht hier niemand mehr was. Und weil Blatter das Geld zahlt, wählen wir ihn. TIA, this is Africa. Von mir aus können sie das auch mit der in Deutschland
bestehenden Fraktionstreue der Parteimitglieder im Bundestag vergleichen. Oder
glauben sie, dass jeder Abgeordnete einer Partei bei Grundsatzfragen nach seinem Gewissen entscheidet?
Nein, der will in der nächsten Legislatur auch wieder an den Fressnapf.
Eigenheim muss ja abgezahlt werden. In Europa gibt es Fußballverbände, die
bezahlen ihren Vorsitzenden Millionen im Jahr. Das ist doch der eigentliche Skandal. Und
glauben sie, irgendein Stimmenvermittler kommt zu so einem fetten,
millionenschweren Ex-Profi-und-Neu-Funktionär und fragt den, „Wir wollen
eine WM in XY kaufen, in der Karibik und Afrika bekommen wir eine Stimme für einen Trikotsatz und ein paar Glasperlen, was nehmen sie für ihre
Stimme?“ Für die 100.000,00 €, die ich genommen haben, bekommen sie in Europa
nicht mal nen feuchten Händedruck. Die sind alle viel zu gierig und maßlos. Deshalb
kostet es mindestens 100-mal mehr eine Europameisterschaft zu kaufen, als eine
Weltmeisterschaft in der Wüste.
Trotzdem
müssen sie sich den Vorwurf gefallen lassen, dass eine gekaufte
Weltmeisterschaft, eine falsche, weil kriminell erlangte Entscheidung ist.
Na
und? Alle 4 Jahre muss eine WM
stattfinden. Und unzufrieden sind nach der WM sowieso alle, außer die Deutschen. Die, die sich jetzt beschweren, dass die WM in Russland oder Katar ausgetragen wird, sind doch nur deshalb unzufrieden, weil sie bei den anstehenden Vergaben von Aufträgen und Sponsorengeldern nicht selbst die Hände aufhalten
und mitverdienen können. Da haben die europäischen Funktionäre nämlich noch regelmäßig
Geld abgegriffen. Und diese Kohle geht jetzt eben in andere Taschen. Der sogenannte
„FIFA-Skandal“ ist daher nichts weiter, als ein Kampf um die fetteste Beute. Ich zumindest weiß, wessen Brot ich fresse.